Am Anfang jeder Innovation steht immer eine Idee
Hanser Automotive, Munich, 15 March 2022
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German Version / Deutsche Ausgabe
Jede neue Technologie, jedes Produkt und jede Firmengründung beginnt mit einer Idee. Wie aus einer Idee letztendlich ein erfolgreiches Unternehmen wie Inova Semiconductors entstand, erläutert Robert Kraus, Mitgründer und CEO des Halbleiterherstellers im Gespräch mit der HANSER automotive und gibt einen Ausblick, wie der APIX-Stand und Iseled weiterentwickelt werden.
Inova Semiconductors wurde kürzlich als eines der „innovativsten Unternehmen Deutschlands“ ausgezeichnet. Welche Faktoren sind aus Ihrer Sicht Grundlage für diesen Erfolg?
Robert Kraus: Auch wenn wir nach 23 Jahren natürlich kein “Start-Up“ sondern ein sehr erfolgreiches Unternehmen sind, haben wir uns diesen Spirit und die Neugierde an technischem Neuland über all die Jahre erhalten können, „In(n)ova(tion)“ steckt ja bei uns sogar im Firmennamen. Nachdem wir 16 Jahre dafür bekannt waren, Bits immer schneller von A nach B zu übertragen – zuerst mit GigaSTaR und seit 2006 dann auch mit APIX – kamen wir 2016 plötzlich mit der Idee von Iseled, der „digitalen LED“ auf den Markt. Bei etablierten Lichtfirmen löste dies Kopfschütteln, oft auch nur ein müdes Lächeln aus: Inova, das sind doch die mit APIX, was verstehen die denn von LEDs?
APIX ist heute einer der weltweit etablierten Standards für Gbit/s-SerDes-Lösungen mit Lizenznehmern wie Socionext, Analog Devices und der Infineon-Tochter Cypress und weltweit rund 170 Millionen installierter Knoten. Bei Iseled explodieren die Absatzzahlen förmlich, da steht 2025 schon die Milliarde im Raum. Dabei war Iseled nicht das Ergebnis von umfangreichen Marktbedarfsanalysen oder Innovations-Workshops, sondern eines Gesprächs mit einem Herrn von BMW im Herbst 2015, in dem wir mehr oder weniger zufällig auch auf LEDs zu sprechen kamen und „ob man das mit deren Ansteuerung nicht ganz anders machen könnte, weil die aktuellen Lösungen zu langsam, ein Bauteilegrab und für künftig hunderte von LEDs im Fahrzeug nicht bezahlbar sind“. Zuhause machte sich dann unser CTO – auch seit Gründung von Inova mit dabei und gerade voll mit der Entwicklung von APIX3 beschäftigt – gleich seine ersten Gedanken dazu. Mit bekanntem Ergebnis. Der „Herr von BMW“ ist übrigens derselbe, der schon 14 Jahre zuvor auf einer Ausstellung in Ludwigsburg an unserem Stand vorbeikam, dort unsere industriellen GigaSTaR SerDes-Produkte sah und fragte, ob man das Konzept nicht auch Automotive-tauglich machen könnte – die Idee von APIX, dem Automotive Pixel Link, war geboren.
Und wenn wir schon über Innovationen sprechen, wäre da ja auch noch ILaS: das „Iseled Light and Sensor Network“ wo wir gerade erste funktionale Muster auf dem Tisch haben und BMW auf der letzten Iseled-Konferenz im Oktober 2021 angekündigt hat, dass sie ILaS mit Start ihrer „neuen Klasse“ und einer völlig neu definierten Architektur ab 2025 in allen Modellen einsetzen werden. Sie können sich sicher denken, wie auch diese Innovation zustande kam: am Anfang stand wieder mal die Frage, ob man die ursprünglich nur für kurze Entfernungen ausgelegte Iseled-Übertragung nicht auch auf das ganze Fahrzeug ausrollen könnte.
Aber um auf Ihre eigentliche Frage zurückzukommen: am Anfang jeder Innovation steht immer eine Idee. Aber dann braucht es die richtigen Köpfe und das Wollen, diese Idee auch in ein Produkt umzusetzen und auch andere davon zu begeistern und mitzunehmen. Last, but not least ist dann auch der lange Atem erforderlich, um das Ganze auch kommerziell erfolgreich zu machen. Damit Innovation aber keine Eintagsfliege oder ein Zufallsprodukt bleibt, ist es aus meiner Sicht mit das Wichtigste, eine Innovationskultur, diese Neugierde und den Spaß an neuen Lösungen, auch ständig „vorzuleben“ und so das „Innovations Gen“ im Unternehmen auch an die neu hinzukommenden Ingenieure – bei uns auch immer mehr Ingenieurinnen – weiterzugeben. Und das macht unser CTO einfach hervorragend.
APIX ist mittlerweile in der dritten Generation verfügbar und ermöglicht über ein geschirmtes Twisted-Pair-Kabel Übertragungsraten von bis zu 6 Gbit/s bzw. max. 12 Gbit/s über eine Quad-Twisted-Pair-Verbindung. Wie geht es mit APIX weiter – wo geht die Entwicklung hin?
Robert Kraus: Über die Erfolgsstory von APIX – Premiere bei BMW im Jahre 2008 und mittlerweile in der dritten Generation – haben wir ja schon kurz gesprochen, wobei wir selbst mit APIX2 und seiner 3 Gbit/s- Datenrate heute noch neue Designs gewinnen, gerade wieder bei einem japanischen OEM.
APIX3 hatte dann seine Premiere im Jahre 2018 auf BMW’s Media-Graphics-Unit-Plattform, dort noch im APIX2 Kompatibilitätsmodus mit 3 Gbit/s. Wir arbeiten aktuell bereits an der zweiten Evolutionsstufe von APIX3 mit vollen 12 Gbit/s, Display Port Multi Stream Transport (MST), HDC2.3 Verschlüsselung und anderen Features und haben damit vor kurzen eine Premiumplattform mit SOP2025 gewonnen.
Die „APIX-Story“ geht also weiter, schon aus heutiger Sicht bis weit ins nächste Jahrzehnt. Mit APIX3 Evo2 reizen wir allerdings die Möglichkeiten des jetzigen Technologieknoten voll aus und natürlich stellen uns – wie Sie – auch unsere Kunden die Frage, wie es mit APIX weitergeht und ob ein APIX4 kommt? Die Antwort ist ein klares „ja, es geht weiter“: Wir denken aktuell konkret über das Konzept von APIX4 nach – es existiert sogar bereits ein internes Whitepaper mit Zielspezifikationen – und auch über den künftigen Technologieknoten von APIX4 haben wir uns schon Gedanken gemacht. Sie werden aber sicher verstehen, dass ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr dazu sagen möchte, nur so viel: lassen Sie sich überraschen, wir wollen auf der Electronica im November viele Innovationen zeigen – nicht nur zur ISELED und ILaS…
2016 haben Sie die Iseled-Technologie vorgestellt. 2020 hat ein chinesischer Fahrzeughersteller Iseled erstmals als Standard implementiert, auch in Korea kommt die Technologie bereits zum Einsatz. Im neuen BMW iX, der seit November letzten Jahres ausgeliefert wird, kommt Iseled ebenfalls zum Einsatz. Welche weiteren Fahrzeuge werden die Technik implementiert haben?
Robert Kraus: Wie bereits erwähnt, ist Iseled aus einer Idee und in enger Zusammenarbeit mit BMW entstanden und hatte im neuen iX im November letzten Jahres Premiere – als erster OEM in Europa. In Asien gehen die Uhren hinsichtlich Iseled allerdings deutlich schneller: Neben der Premiere im Premiummodell Hongqi H9 der China FAW Group im Jahr 2020 kommt Iseled auch schon bei weiteren chinesischen Modellen wie dem vollelektrischen C01 von Leap Motors und dem Zeekr 001, Geely’s Premium Elektromarke, zum Einsatz. In Korea sind es der Sprinter „Noble Klasse L13“ von Mercedes Benz und die „Carnival Hi-Limousine“ von KIA. Vor ein paar Tagen habe ich erfahren, dass ein weiterer großer koreanischer Hersteller Iseled in weiteren Modellen einsetzen wird. Wobei diese Liste ohne Anspruch auf Vollständigkeit ist, unser Allianzpartner der ersten Stunde, Dominant Opto aus Malaysia, ist damit in Asien sehr erfolgreich. Und mit Everlight bietet jetzt ein weiterer großer taiwanesischer LED Hersteller Iseled-LEDs in Asien an. In den USA ist es u.a. Rivian, die Iseled nicht nur in ihren E-Fahrzeugen, sondern auch in den Ladestationen einsetzen. Hier haben wir auch erste industrielle Anwendungen, etwa die dynamische Beleuchtung von Tankstellen. Und auch beim Flugzeug-Innenlicht haben unsere Allianz-Partner schon erste Projekte bei einem großen Flugzeugausrüster gewonnen.
Ich habe ehrlich gesagt den Überblick verloren, wo im einzelnen Iseled bereits überall eingesetzt wird. Letztendlich sehen wir dann aber die Produktionszahlen, die unsere Erwartungen übertreffen und das bei Weitem. Wie bereits erwähnt, bewegen wir uns dieses Jahr bereits im oberen zweistelligen Millionen-Bereich mit der Marke von einer Milliarde am Horizont. Zum Glück haben wir mit Globalfoundries einen Partner, der uns trotz der aktuellen Halbleiterkrise bei diesen enormen Steigerungsraten bestmöglich unterstützt.
Die Iseled-Allianz als Industrieverbund für ein entsprechendes Ökosystem wächst stetig – mittlerweile sind es 40 Mitglieder. Welche Rolle spielt der Verbund, welche Entwicklungen sind derzeit in Arbeit?
Robert Kraus: Ich muss Sie da etwas korrigieren: Auf unserer Allianz-Übersicht sind aktuell „nur“ noch 39 Logos zu sehen. Die Firmen „Osram Opto Semiconductors“ und „Osram Continental“ sind zwar weiterhin Mitglieder aber firmieren heute unter dem gemeinsamen Dach von „ams OSRAM“, aus zwei Logos ist somit eins geworden. Wir haben aber schon wieder eine Reihe weiterer Anfragen von Firmen auf dem Tisch, die der Allianz beitreten wollen. Die neuen Mitglieder werden wir dann nach unserem nächsten Allianz-Treffen im Mai bekanntgeben.
Wenn man so eine geniale Idee wie Iseled hat, stellt sich natürlich schnell die Frage, wie kann man – noch dazu als kleinere Firma, die bisher nichts mit Licht zu tun hatte – andere dafür interessieren und begeistern? Noch dazu in einem Markt, in dem es große „Platzhirsche“ gibt und der darüber hinaus auch noch sehr fragmentiert ist. Das führte schließlich zur Idee der Iseled Allianz, die dann im Herbst 2016, mit deren Ankündigung dann auf der Electronica im November von fünf Firmen – Dominant Opto, Inova Semi, NXP, Pforzheim University und Tyco Connectivity – gegründet wurde. Und mit der alleinigen Zielsetzung, das Iseled-Ecosystem kontinuierlich zu erweitern und so diese neue Technologie für den Anwender attraktiv zu machen.
Heute sind wie schon erwähnt 40 Firmen aus der ganzen Welt Mitglieder der Allianz – „Licht“-Tier-1s, LED- und Halbleiterhersteller, spezialisierte Licht-Designer und viele andere – und der große Erfolg und die weltweite Akzeptanz von Iseled geht in hohem Maße auf die erfolgreiche Arbeit dieses Industriekonsortiums zurück. Dazu die großen Iseled-Konferenzen – mittlerweile waren es vier, die letzte im Oktober 2021 mit rund 400 Teilnehmern vor Ort in München und gleichzeitig auch online für die weltweite ISELED-Community. Und – keine Frage – die gut funktionierenden Strukturen dieser Allianz kommen jetzt natürlich auch ILaS voll zugute.
So arbeitet ein großer Halbleiterhersteller bereits an einem Ethernet-to-ILaS-Bridge-Chip, mit dem der ILaS-Bus direkt mit schnellem Ethernet verbunden wird. Ein weiterer arbeitet an einem Matrix-RGB-Baustein mit integrierter ILaS-Schnittstelle. Ähnliche Überlegungen gibt es bereits für Chips mit Sensoren, es finden auch schon Software-Entwicklungen bei Allianzmitgliedern statt, um vollumfängliche Systemlösungen anbieten zu können.
Neben den Entwicklungen künftiger ILaS-Halbleiterbausteine liegt auch ein großer Fokus auf neuen Gehäusetechnologien: der begrenzte Bauraum im Fahrzeug ist ein zentrales Thema bei modernen Lichtanwendungen. Kompakte, hochintegrierte System-in-Package-Lösungen mit geringer Verlustleistung sind hier Voraussetzung, um die Pläne der Autobauer umzusetzen, bald hunderte von LEDs, kombiniert mit Sensoren und Aktoren, in ihren Fahrzeugen einzusetzen. Und natürlich geht es auch bei Iseled selbst mit Hochdruck weiter: die nächste Generation Iseled 2.0 mit einem wesentlich erweiterten Funktionsumfang steht bereits in den Startlöchern.
Um die Versorgungssicherheit des iX zu gewährleisten, wurde mit BMW Ende letzten Jahres ein direktes Abkommen geschlossen. Das ist nach eigenen Aussagen Neuland für Sie. Welche Erwartungen haben Sie diesbezüglich und welche Herausforderungen sind damit verbunden?
Robert Kraus: Echtes Neuland ist das für uns eigentlich nur dahingehend, dass wir erstmals ein formales Abkommen geschlossen haben, um die Versorgungssicherheit bei BMW sicherzustellen. Und das ist natürlich absolut verständlich bei den großen Volumen, um die es bei ISELED in Zukunft geht.
In der Sache selbst dann aber doch wieder nicht, weil wir es als Sole-Source-Anbieter auch schon in der Vergangenheit als eine unsere wichtigsten Aufgaben sahen, die Versorgung unserer Kunden – und natürlich nicht nur BMW – mit unseren Produkten sicherzustellen. Auch in der ersten Corona-Krise im Jahr 2020, als nach dem starken Einbruch im Sommer der Bedarf im vierten Quartal plötzlich wieder enorm angestiegen ist und viele Hersteller Lieferprobleme hatten, hat sich gezeigt, dass unser Supply Chain- und Risikomanagement auch bei einem derartigen „Stress-Test“ gut funktioniert: wir konnten selbst da all unsere Kunden zuverlässig beliefern. Gerade mit BMW haben wir ja schon seit vielen Jahren eine enge, erfolgreiche Zusammenarbeit, die geprägt ist von Offenheit und Transparenz – und das in beide Richtungen. Das gleiche gilt für Globalfoundries, unseren Chiplieferanten seit Gründung der Firma im Jahre 1999, bei denen wir all unsere APIX- und ISELED-Chips fertigen lassen. Und die uns nicht nur jetzt – als schnell wachsenden Kunden mit immer höheren Volumen – exzellent unterstützen sondern das schon getan haben, als wir zu GigaStaR-Zeiten noch ein ganz kleiner Kunde mit „sehr bescheidenen“ Volumen waren: in den ersten Jahren hatten wir dort gerade mal ein Wafer-Los mit 25 Wafern gefertigt – wohlgemerkt im Jahr!
Die Unterschrift unter der Vereinbarung mit BMW hat also nur etwas „schwarz auf weiß“ dokumentiert, was wir ohnehin schon seit langem gelebt haben: jetzt, bei immer höheren Volumen aber etwas formaler und noch bewusster und auf Basis einer seit vielen Jahren bewährten engen Partnerschaft.
2022 ist bisher von der Corona-Krise und seit Ende Februar vom Russland-Ukraine-Krieg geprägt. Welche Erwartungen und Zielsetzungen haben Sie für dieses Jahr?
Robert Kraus: Nachdem wir bisher gut durch die Corona Zeiten gekommen sind – wir hatten von 2020 auf 2021 ein Umsatzwachstum von über 40 Prozent – haben wir uns auch für dieses Jahr ein ähnlich ehrgeiziges Ziel gesetzt. Im ersten Quartal waren wir bisher auch noch auf Kurs, allerdings mit einer ersten kleinen Delle jetzt im März. Natürlich werden auch wir die Auswirkungen des Russland-Ukraine-Krieges spüren, u.a. hat ja BMW im März die Produktion in einigen Werken reduziert oder kurzfristig komplett eingestellt. Wie sich das weiterentwickelt, wird sich zeigen. Man kann nur hoffen, dass dieser unsinnige Krieg bald zu Ende ist und die Politik eine Lösung findet. An unserer Zielsetzung für dieses Jahr hat sich allerdings nichts geändert. Wir arbeiten mit Hochdruck an unseren neuen Produkten, suchen und stellen neue Mitarbeiter in allen Bereichen ein, um unser enormes Wachstum zu bewältigen. Und freuen uns jetzt schon auf die Electronica, die in diesem Jahr hoffentlich stattfinden wird.
About Inova Semiconductors
Inova Semiconductors GmbH is a fabless semiconductor manufacturer headquartered in Munich, Germany. The company was founded in 1999 and specializes in the development of state-of-the-art products for Gigabit/s serial data communication. Besides its successful APIX (Automotive Pixel Link) products, sold in very high volume – more than 150 million devices - and now in their third generation, Inova developed the innovative ISELED technology in 2016, meanwhile offering the first products. Inova Semiconductor’s IC products are manufactured at leading foundries in Asia and sold through a worldwide sales network.
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Monika Zimmermann
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